Meeting Brno 2017 – Das Brünner Theater 1939-1944

Rückschau von Tereza Šulcová -1. Oktober 2017

Vom 19. bis zum 28. Mai fand das Festival Meeting Brno statt. Im Rahmen des Festivals konnte man verschiedene Workshops, Stadtführungen und künstlerische Auftritte zum Motto Einigkeit in Vielfalt besuchen. Eine dieser Veranstaltungen war ein Seminar zum Schicksal des Brünner Theaters in den 1930er Jahren sowie in der Zeit des Protektorats zwischen 1939 und 1944.

 

Im Seminar, das im Begegnungszentrum Brünn stattgefunden hat, referierten Vojen Drlík – Dramaturg des Nationaltheaters in Brünn, Jiří Skoupý – Regionalhistoriker und Absolvent der Germanistik an der Philosophischen Fakultät der Masaryk-Universität, und Zdeněk Mareček – Fachassistent am Institut für Germanistik, Nordistik und Nederlandistik der Masaryk-Universität.

 

Zuerst widmete sich Herr Drlík der Quellenlage zum Brünner Theater. Es sei keine erhaltene Gesamtgeschichte des Theaters aus dem Zeitraum 1938-1944 vorhanden. Es existierte eine Abteilung, in der Textstücke und Musikmaterial archiviert wurden, jedoch wurde das Archiv inzwischen zerstört. In der heutigen Zeit gibt es allerdings bereits eine genaue Erfassung der Theatertätigkeit und weitere Informationen lassen sich inzwischen in Archivarien der damaliger Presse oder in Diplomarbeiten finden. Es wurde weiterreferiert, dass der Deutsche Theaterverein sich im Jahre 1938 in zwei Gruppen – eine demokratische und eine völkische – aufgelöst habe. Während die Tschechen, trotz finanzieller Probleme, ein eigenes und besseres Theater bauen wollten, wollten die Deutschen die „inneren“ Beziehungen auflösen und die demokratische Gruppe verdrängen. Angesichts der Umstände spielte vor allem die völkische Gruppe, die dreimal größer als die demokratische Gruppe war.

 

Im Zusammenhang mit dem deutschen Brünner Theater wurde auch Theodor Anton Modes erwähnt, der gebürtig aus Brünn stammte. Er war unter anderem Regisseur des Waldsteiner Festes in Cheb, als Intendant in Liberec und als Direktor des deutschen Brünner Theaters. Die Tschechen spielten im Theater nur bis zum Jahre 1942, dann wurden ihre Aktivitäten gestoppt und mit dem Jahr 1943 wurde Fritz Klingenbeck neuer Intendant. Mitten in diesem Geschehen gab es ein Paradoxon: im damaligen deutschen Ballettensemble, tanzten trotz des Namens, im Grunde nur Tschechen. Autoren, die aus Ländern kamen, mit denen Nazi-Deutschland im Konflikt stand, wurden nicht gespielt. Dadurch entstand ein verzerrtes Bild des Theaterangebots – die Zuschauer hatten keine Chance nicht-willkommene Autoren zu sehen. Mit dem Jahr 1944 begann der totale Kriegseinsatz und damit verbunden war auch die totale Sperrung des Theaters.

 

Herr Skoupý thematisierte vor allem Guido Glück und verschiedene Theaterverbände. Guido Glück war tätig als Professor an einem Brünner Gymnasium und wirkte auch als Dramaturg – außerdem übersetzte er etwa Karel Čapek. Im Seminar wurde betont, dass Glück einer der Deutschen war, die den Nationalsozialismus offen kritisiert haben, und dass er auch Emigranten geholfen hatte. Obwohl selbst nicht jüdischer Herkunft, riskierte er sein eigenes Leben für jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger.

 

Was die damaligen Theaterverbände betrifft, wurde folgendes erwähnt: Der Verein zur Förderung deutscher Theater- und Musikpflege, die Theaterzeitschrift Die Rampe und der Verband Vereinigte deutsche Theater. Erwähnenswert ist die Deutsche Theaterbaugemeinde, die versuchte Geld zu sammeln um ein eigenes Theatergebäude aufzubauen – was ihr jedoch nicht gelang.

 

Zum Schluss des Seminars präsentierte Herr Mareček einige bedeutende Forscherinnen, die das Brünner Theater jener Zeitspanne näher untersucht haben. Zum Beispiel die Untersuchung von Katharina Wessely, die unter anderem auch als Österreich-Lektorin in Brno tätig war: Theater der Identität, Das Brünner deutsche Theater der Zwischenkriegszeit. Dazu bemerkte Herr Mareček, dass das wirkliche Ende des Brünner Theaters nicht mit der Vertreibung der Deutschen, sondern schon in den Jahren 1934/1938 geschehen war. Es wurde noch auf Personen wie Rudolf List, Aleš Jurda oder Diether Krywalski, der ein wichtiger Verbreiter des Bewusstseins über die Brünner Kultur war, eingegangen.

 

Auf dem Seminar herrschte angenehme und freundliche Atmosphäre. Die Besucher konnten nach den einzelnen Vorträgen zusätzliche Informationen erfragen und an interessanten Diskussionen teilnehmen.